E-Residency – ein Programm für Digital Nomads

Disclaimer: Das ist keine professionelle Rechts-/Steuerberatung, sondern nur Hinweise.

Was ist e-Residency?

E-Residency ist ein staatliches Programm, das Unternehmer:innen weltweit den Zugriff auf die digitalen Dienste eines Landes ermöglicht. Und zwar mit der Ausstellung einer digitalen ID. Das sieht dann so aus wie sich online authentifizieren, Dokumente digital unterschreiben mit sicherer elektronischer Signatur und die Möglichkeit von überall aus online ein legitimes Unternehmen zu gründen.

Hier sollte man aber darauf achten wie genau die jeweiligen Länder dieses Programm definieren. Ich beziehe mich hier nur auf das Programm von Estland, da ich selbst seit 2017 ein e-Resident bin. Manche Länder bezeichnen mit e-Residency nämlich den Digital Nomad Visa. Die Unterschiede hierzu später.

Was ist das estnische e-Residency NICHT?

Bevor wir zu den Vorteilen kommen, klären wir erst mal auf was es nicht ist:

• Mit dem digitalen ID wirst du kein estnischer Staatsbürger.
• Es gewährt weder einen Aufenthaltsrecht in Estland, noch in der EU.
• Es ist kein “Reisepass”. Auf der Karte ist kein Profilbild abgebildet.
• Es ist auch kein Visum, das dir die Reise in die EU gewährt.

Was bringt dir das Programm?

Die digitale Infrastruktur der estnischen Regierung gehört mit unter den Ländern wie Dänemark, Finnland, Singapor und Südkorea zu den top digitalen Infrastrukturen der Welt (laut einer Umfrage der UN).

Wie soll man sich das genau vorstellen?

Die Infrastruktur ist so digital, dass alle estnischen Bürger:innen seit Anfang 2000er mit ihrer e-Identität über das Regierungsportal eesti.ee online ihren Wohnsitz ummelden, Verträge wie Mietsverträge unterzeichnen, Steuererklärungen einreichen und sogar ihre Krankenakte einsehen können. Auch das Bildungsystem ist digitalisiert, sodass die Eltern ihre Kinder einfach online krankmelden können. Alle Daten werden über eine Data Embassy (Datenzentrum, die als Backup-Lösung für wichtige Daten eines Landes dient) in Luxemburg gesichert.

Die Regierung hat dann Ende 2014 diese Infrastruktur für andere Personen außerhalb Estlands erweitert. Mit dem Ziel natürlich mehr Gelder für das Land zu schaffen und die Lebensqualität seiner Bürger:innen zu steigern.

Die Vorteile dieses Programms

• Ein EU-Unternehmen innerhalb eines Tages online gründen ohne bürokratischen Aufwand
• Dieses Unternehmen hat 24/7 Zugang zu den e-Diensten der Regierung
• Komplett remote das Unternehmen verwalten
• Sind Teilhaber aus verschiedenen Ländern, können sie trotzdem einfach ein gemeinsames Unternehmen gründen
• Eine Möglichkeit sich einfacher in den europäischen Markt einzubringen
• Kostenfaktor liegt zwischen 100-130 EUR
• Estland hat auch ein interessantes Steuersystem, bei dem die Körperschaftsteuer nur auf Gewinnausschüttungen (d. h. Dividenden) erhoben wird und auf 20 % begrenzt ist.

Ein bisschen Statistik und Fun Facts

Laut der Regierung:

• 112.200+ estnische e-Residenten (2015: 525)
• 29.800+ Unternehmen gegründet von e-Residenten (2015: 5)
• Allein aus Deutschland sind 6680 e-Residenten und davon haben bereits 2315 Unternehmen gegründet (Stand 2024)

Bekannte e-Residenten:

• Redakteur von u.a. The Economist Edward Lucas ist der erste e-Resident von Estland. 2014 hat er seine Karte erhalten, die auch die Ziffer 1 hat (mehr dazu hier).
• Japans ehemaliger Premierminister ist seit 2015 e-Resident (mehr dazu hier)
• Angela Merkel wurde 2016 e-Resident. Mehr dazu hier.
• Steve Jurvetjon und Timothy Draper, Gründer des Risikokapitalunternehmen Draper Associates wurden die ersten e-Residenten, die außerhalb der EU kamen. Mehr dazu hier.
• Bill Gates wurde 2024 auch e-Resident.
• Weitere sind Ben Horowitz, Guy Kawasaki und Peter Kentie

Andere Länder, die es auch anbieten (wie bereits gesagt, es gibt einige Unterschiede):

• Azerbaijan
• Liberland (umstrittenes Gebiet zwischen Kroatien und Serbien)
• Portugal (gibt im Moment noch keine Neuigkeiten zum aktuellen Stand)
• Litauen
• Ukraine
• Georgien (hat im Moment Einschränkungen)
• Dubai (ist eher Digital Nomad Visa)
• Südafrika (hat es vor)
• Brasilien (hat es vor)
• Palau (Inselstaat im westlichen Pazifischen Ozean; wird kritisiert)
• Próspera (Sonderwirtschaftsgebiet in Honduras, das als autonomes Gebiet für wirtschaftliche Entwicklung und Innovation geschaffen wurde.)

In der Zukunft kommen noch mehr Länder hinzu, da sie erkennen wie fördernd das sein kann.

Wie funktioniert’s?

Der Prozess e-Resident zu werden ist ziemlich simpel.

1. Man wählt aus wo man seine ID abholen möchte. Aktuelle Standorte findest du hier.
2. Alle Dokumente vorbereiten: Lebenslauf, Motivationsschreiben, Kopie deines Passes, digitales Foto und eine VISA/Mastercard. Genaue Anforderungen findest du hier.
3. Dann füllst du das Onlineformular aus und zahlst die Gebühr (100-130 €).
4. Der estnische Polizei- und Grenzschutzamt überprüft deine Identität und wird sich bei dir mit weiteren Fragen per Email melden. Kann bis zu 4 Wochen dauern.
5. Ist alles in Ordnung wirst du per Email benachrichtigt wann du deine Karte abholen kannst. Vergiss deinen Pass nicht, sobald du die Karte abholst.
6. Deine Karte musst du dann noch aktivieren. Wie das geht, findest du hier.

Und das Gründen eines Unternehmens ist auch nicht kompliziert:

1. Alles passiert online auf der Website E-Business Register. Die Signatur setzt du mit deiner Karte oder auch der App Smart-ID. Durch die App ersparst du dir das Einloggen durch die Karte.
2. Die Gebühr für die Registrierung ist aktuell 265 €.
3. Es dauert dann bis zu einer Stunde bis das Unternehmen offiziell registriert ist.
4. Welche Unternehmensformen es gibt, findest du in diesem Artikel.

Also die meisten nutzen ein Unternehmen, das sich um die ganze Registrierung und Bankkontoeröffnung kümmert. Auch weil man eine estnische Adresse vorweisen muss.

Was heißt das jetzt genau?

Dieses Programm schafft dir die Möglichkeit ein Leben als Digital Nomad aufzubauen und online deine Dienstleistungen oder Produkte zu verkaufen, ohne dabei die Gesetze zu brechen. Hier hast du auch die Chance das Leben als Digital Nomad auszuprobieren ohne dabei tief in die Tasche greifen zu müssen. Es erleichtert dir auch dein Unternehmen remote zu verwalten, weil die Infrastruktur nun mal gegeben ist.

Ob es zu einer doppelten Besteuerung kommt, müsste man genauer hinschauen. Nähere Informationen findet man aber auch der Homepage der estnischen Regierung. In Sachen Besteuerung solltest du dich auch genauer beraten lassen. Denn es kommen ja u.a. die Einkommenssteuer und Sozialabgaben des Landes hinzu, wohin du dir dein Gehalt auszahlst.

Ob es jetzt etwas für dich wäre, kann nur durch eine genaue Beratung bestimmt werden. Dazu können dir Firmen wie COMPANIO, Enty, eResidency Hub, XOLO und weitere helfen.